Buchrezension
Autor | Julia Dibbern |
Titel | Wenn ich dich nicht erfunden hätte |
Originaltitel | --- |
Reihe | --- |
VÖ | Januar 2017 |
ISBN | 978-3958692794 |
Genre | Jugenddrama |
Inhalt | "Alles davor ließ sich irgendwie noch logisch erklären – aber das hier?! Konnte man wirklich einen Menschen … erschaffen? Einfach dadurch, dass man sich ihn ausdachte? Und der lief dann quicklebendig durch die Gegend?" |
Quelle: Ink Rebels |
Einschätzung von Kathi Rubel |
Leo ist 18 Jahre alt, hat ihr Abi in der Tasche und freut sich auf das Studium in Hamburg. Ihr Leben ist völlig in Ordnung - gut, sie hat keinen Freund, kaum Selbstvertrauen und Hamburg bedeutet neben Freiheit vor allem Einsamkeit. Aber das ist nicht so schlimm, denn jetzt wird sie allen beweisen, dass sie erwachsen ist und sehr gut alleine zurechtkommt. Nur dass die Katastrophenwohnung, in die sie zieht, ihr einen Strich durch die Rechnung macht. Hier kann sie nicht bleiben. Doch mit der Suche nach einer neuen Unterkunft beginnen die Probleme erst. Leo trifft auf Loris, den sie seltsamerweise zu kennen scheint - kein Wunder, er spielt schließlich die Hauptrolle in allen Geschichten, die sie seit Jahren schreibt. Und er ist nicht gut für sie. Julia Dibbern zeigt uns in diesem Roman ein junges Mädchen auf der Schwelle zum Erwachsenwerden, das sich verliebt und damit geradewegs auf einen Abgrund zusteuert. Es ist ein bewegendes Jugenddrama, das absolut realistisch und tiefgründig daher kommt. Die Handlung geht nahe, bewegt und lädt dazu ein mitzufühlen. Ich habe beim Lesen sehr viel nachgedacht, die unterschiedlichen Aspekte betrachtet und dann beschlossen, dass ich Loris trotz allem mag. Er ist ein schwieriger Charakter, der innerlich sehr verletzt ist und mit seinem Verhalten geradezu nach Liebe schreit. Bei all dem Negativen, das er abzieht, ist jedoch immer klar, dass er Leo sehr gerne hat und sie eigentlich beschützen will. Er ist kein klassischer Bad Boy, auch wenn das auf den ersten Blick so wirkt. Er ist viel mehr als das und genau das liebe ich an ihm - seine Tiefgründigkeit. Auch Leo ist ein Thema für sich. Anfangs ist sie sehr naiv und gutgläubig. Sie verschließt ihre Augen vor der Realität und schaut lieber weg als Stellung zu beziehen. In all dem Gefühlschaos trägt sie ihre rosarote Brille mit einer solchen Überzeugung, dass ihre beste Freundin sich sogar von ihr distanziert. Doch im Laufe der Geschichte macht Leo eine Entwicklung durch. Das Naivchen muss erwachsen werden und für sich kämpfen, um heil aus der Sache heraus zu kommen. Das hat die Autorin sehr schön dargestellt. Ich konnte Leos Verhalten fast immer nachvollziehen - das "fast" ist letztendlich auch der Grund für den fehlenden halben Punkt in der Endwertung. Ansonsten habe ich an diesem Roman nichts auszusetzen. Ich mag es, dass sich die Geschichte ganz anders entwickelt, als es zu Beginn den Anschein hat. Wer jedoch eine romantische New Adult-Geschichte mit viel Humor und Leichtigkeit erwartet, sollte auf jeden Fall die Finger von diesem Buch lassen. "Wenn ich dich nicht erfunden hätte" ist Vieles, aber definitiv keine leichte Lektüre. Ich habe das sehr genossen und mich auch über die zahlreichen Zwischentöne gefreut - denn hier ist nichts schwarz-weiß. Auch richtige Fantasy-Elemente sucht man vergeblich. Kein Problem, denn die Charaktere haben mit der Realität genug zu tun. Ich bin Julia Dibbern sehr dankbar für diesen vielschichtigen Roman über ein sehr komplexes und kompliziertes Thema. Sie zeigt uns, wie schnell es gehen kann, dass Jugendliche (und auch Erwachsene) vom Weg abkommen. Das Buch macht deutlich, wie wichtig ein stabiles Umfeld ist - Freunde und Familie, die da sind und einfach Halt geben. Zum Ende hin wird alles recht friedlich und klar. Ein schöner Abschluss. Fazit: Ein Roman für alle, die ernsthafte Jugendliteratur mit Fokus auf Problemthemen zu schätzen wissen. Keine Fantasy, keine 0/8/15-Schnulze, keine Komödie. Dafür aber ein grundsolides, bewegendes und facettenreiches Jugenddrama mit einem friedvollen Ende, das Hoffnung gibt. Ich selbst werde wohl noch eine Weile über die Geschichte nachdenken. |
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