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Luxuslärm / Interview November '10

Das Fragen stellten Rebecca Puhlmann & Kathi Rubel.

  • Wir haben letztes Jahr schon mal ein Interview zum ersten Album mit euch gemacht. Wie hat sich euer Selbstbild inzwischen entwickelt?

Alles schaut zu Henne.

Henne: Unser Selbstbild? Ich habe noch nie eins von mir gemalt. Also es hat sich…

Eugen: Arrogant.

Jan: Starallüren ohne Ende.

Henne: Wir sind so geblieben wie wir waren. Es hat sich aber natürlich viel drum herum getan. Mit dem zweiten Album hatten wir viel mehr Erfolg und es verkauft sich auch stetig weiter. Wir haben eine Summe erreicht, die uns sehr stolz macht. Wir sind gesund geblieben trotz des ganzen Stresses und spielen immer noch fleißig. Und so wie du uns jetzt hier siehst, so waren wir auch vor zwei Jahren. Sofern hat sich nicht viel am Selbstbild getan, außer dass wir ein wenig mehr auf uns aufpassen müssen.

Jan: Die Crew ist größer geworden.

Henne: Das Essen hat sich geändert.

Jini: Gesünder. Wo man sonst 3x in der Woche bei McDonalds war, wird einem jetzt auch mal ein Obstkorb hingestellt.

Dave: Ich rauch nicht mehr.

Jan: Aber ich glaube, bei der Live-Show hat sich das meiste getan. Wir sind schon sehr bemüht. Mittlerweile spielen wir auch in größeren Clubs, da wir mehr Menschen mit unserer Musik erreichen. Es ist für uns toll zu sehen, wie sich die Zuschauerzahlen auf dieser Tour teils verdoppelt und verdreifacht haben im Vergleich zum ersten Part der "So laut ich kann"-Tour. Wir haben dieses Mal auch einen eigenen Lichttechniker und Tonmann, sind mit zwei großen Bussen in ganz Deutschland unterwegs. Es hat sich in den letzten zwei Jahren wirklich sehr viel getan. Da sind wir schon ziemlich stolz drauf, dass das alles so gut läuft. Wir sind dieses Mal auch wieder für die 1Live-Krone nominiert.
  • Seid ihr denn jetzt nach zwei Alben der Meinung, dass ihr euch selbst gefunden habt oder ist die Entwicklung noch nicht vollendet?

Jini: Zum zweiten Album sagen viele Musiker, dass es viel schwieriger ist, da mehr Druck hinter ist. Das war bei uns zum Glück gar nicht der Fall. Es war so leicht aufzunehmen, da wir unseren Weg gefunden haben und den auch weitergehen wollen. Trotzdem wollen wir als Band auch nicht stehenbleiben. Von daher finde ich es vernünftig, dass man beim dritten Album weiterguckt – wo soll es hingehen, was sind meine privaten Interesse? Sicherlich wird es dann auch mal was geben, was experimentell ist. Das gehört auch dazu. Denn wenn das dritte Album genauso klingt wie das erste, wird es für beide Seiten irgendwann langweilig. Deswegen ist es gut, sich stets weiterzuentwickeln.

Jan: Selbstfindung gibt es eigentlich nicht. Man sagt ja, der Weg ist das Ziel. Von daher wird es auch relativ schwierig für fünf Leute sich mal zu einigen. Ich finde, das zweite Album klingt ganz anders als das erste – viel ausgereifter. Wir sind von unserem Produzenten auch viel mehr involviert worden. Und das dritte wird auch noch mal ein Sprung in eine andere Richtung. Man beschäftigt sich einfach mehr und intensiver mit Musik und man kann viele Ideen selber mit einbringen.
  • Habt ihr schon Ideen?

Jan: Eine Menge, wir haben nur keine Zeit. Also wir sind nächstes Jahr im Februar/März schon wieder auf Akustik-Tour, die auch geprobt und vorbereitet werden muss und auf die wir uns total freuen. Im Januar, April und Mai gibt es einige Tage, wo wir mal Zeit haben, im Studio nicht nur Songs zu schreiben, sondern auch zu arrangieren bzw. aufzunehmen. Dann sind wir im Sommer wieder auf Festivals zu sehen und haben dann vor, mit dem neuen Album Ende des Jahres zu touren.
  • Die letzten Single-Auskopplungen waren ja eher rockig und mit Lebensweisheiten gespickt. Diesmal gibt es mit „Vergessen zu vergessen“ eine Ballade. Warum habt ihr euch dafür entschieden?

Jini: Für uns stand von Anfang an fest, dass „Vergessen zu vergessen“ eine Single werden muss. Egal wann, aber sie muss rausgebracht werden. Beim letzten Mal haben wir ja Anti-Weihnachtsrock gemacht und keine Ballade zu Weihnachten rausgebracht, sondern „Sag es wie es ist“. Und dieses Jahr passen wir uns der Schmusestimmung an und sind sehr gespannt auf die Resonanz.
  • Klingt, als wäre es einer eurer Favoriten?

Jini: Ja!

  • Habt ihr denn noch andere?

Jini: Ja, ganz viele. Das erste Album ist super, das zweite Album ist super. Jeder für sich hat live so seine Lieblinge. Ich persönlich find „Abschied“ total genial. „Was ist mit mir“ find ich tierisch. Das sind auch Live-Nummern, wo du merkst, da springt sofort der Funke auf das Publikum über.

Jan: Man darf auch nicht vergessen, wir haben schon sechs Singles ausgekoppelt. „Leb deine Träume“ hatte schon einen Single-Charakter und ist in die Charts gekommen. „1000km bis zum Meer“ sowieso, damit hat alles angefangen.

  • Bevorzugt ihr die Arbeit im Studio oder spielt ihr lieber live?

Jini: Studioarbeit macht je mehr man sie macht, umso mehr Spaß. Wenn man die ganzen Tricks und Kniffe kennt. Mit was man alles arbeiten kann, was man alles machen kann. Das ist mir beim ersten Album gar nicht so klar gewesen. Trotzdem glaube ich, dass unsere Stärke das Livespielen ist, denn da hast du das Publikum sofort bei dir. Im Studio freust du dich natürlich auf die Resonanz der Hörer, die dann in den Laden rennen und sagen, dass ist das Ding, was ich haben möchte. Aber es gibt nichts Geileres als das Livespielen.

Jan: Im Studio gibt es eben kein Feedback. Du sitzt da alleine mit dem Produzenten und denkst, das könnte den Leuten gut gefallen. Und live bekommst du es anschließend durch den Applaus mit. Auf der anderen Seite bist du auf Tour kreativ total eingeschränkt. Momentan hat keiner den Nerv, sich backstage zwei Stunden mit Gitarre hinzusetzen und noch Songs zu schreiben - auch weil wir abends ausgeruht zweieinhalb Stunden durchpowern. Gerade für unsere Sängerin ist das echt Hardcore. Wir haben unter der Woche noch unsere Musikschule, dann sind wir wieder drei oder vier Tage unterwegs und da merkt man dann schon, wenn man zwei Monate tourt.

Jini: Was heißt zwei Monate? Eigentlich sind wir die letzten zwei Jahre unterwegs gewesen.

Jan: Ich glaube, die Studiozeit ist auch eine gute Zeit, weil man dann mal wieder zur Ruhe kommt.

  • Also eine Ruhepause zum Konzentrieren?

Jan: Total.

  • Eure Konzertliste ist mittlerweile ziemlich lang. Gibt es da ein besonderes Konzerterlebnis?

Henne: Dieses Jahr Schalke hatten wir die Gelegenheit, vor 50.000 Menschen zu spielen und das auch nicht kurz. Das war für uns alle schon sehr besonders, auch das davor und danach - Dass man sich diese ganze Arena mal anschauen konnte. Das war so der krönende Abschluss der PUR-Tournee, die wir supporten durften. Das war wirklich was ganz Besonderes für uns, weil die Jungs uns ans Herz gewachsen sind und wir denen auch.

Jan: Geiles Konzert war auch Erfurt. Da haben wir vor neun Monaten in einem ganz kleinen Uni-Club gespielt mit maximal 120 Gästen und diesmal war richtig viel los. Die haben so laut geschrien, wie ich das als Schlagzeuger noch nie empfunden habe.

  • Ihr habt am Anfang schon einmal die Akustik-Tour angesprochen. Worauf können sich die Fans freuen?

Dave: Es wird auf jeden Fall total schön.

  • Wir haben nichts anderes erwartet. ;)

Dave: Es wird eben unplugged – mit ohne Stromgitarren. Natürlich mit elektrischer Unterstützung vorne. Alles in Natur gespielt. Es wird auf jeden Fall vom Bühnenbild ganz toll aussehen.

Henne: Auch wir werden anders aussehen als sonst. Soviel kann man schon verraten.

Jini: Deswegen heißt die Tour?

Henne: „ Gegen jedes Gesetz“. (Anm. der Red.: Das ist der B-Track der aktuellen Single „Vergessen zu vergessen“.) Und mehr wird noch nicht verraten.

  • Sieht man euch dann in Kostümen?

Henne: Das können wir nicht sagen.

Jini: Lasst euch überraschen.

  • Ihr wart nun schon einige Male im Fernsehen zu hören und sehen –in Serien sowie als Showact. Welche Erfahrungen habt ihr vor der Kamera gemacht?

Henne: Es macht schon Spaß. Jini hat ja übrigens ganz großartig mit „Katja Bergmann“ gespielt.

Jini: Das stimmt, da haben wir zwei Songs performt – „Leb deine Träume“ und „Vergessen zu vergessen“. Der Regisseur kam auf mich zu und fragte, ob ich denn meinen Text kennen würde. Da sag ich zu ihm: „Na klar kenn ich meine Texte, die haben wir ja selber geschrieben“. „Nee“, sagt er, „nicht eure Songtexte. Du hast doch eine Sprechrolle“. „Was hab ich?“ Dann hat er mir einen Zettel in die Hand gedrückt: „Ach so, du hast den noch gar nicht bekommen“. Und dann standen da die 40 Statisten, das Kamerateam. Und die Band hinter mir ist schon am Totlachen. Dann habe ich versucht, die vier/fünf Sätze auswendig zu lernen. Es ist wesentlich einfacher, dass was man wirklich fühlt und selber schreibt, in Worte zu fassen. Das ist auch der Grund, warum wir unsere Songs selber schreiben. Denn ich glaube, ich könnte das sonst nicht mit der Intensität machen wie jetzt. Also schauspielern ist etwas, wovor ich Respekt habe, das aber nichts für mich ist. Ich stehe lieber mit meinen Jungs auf der Bühne.

Jan: Es ist für eine Indie-Band ohne große Plattenfirma schon ein Vorteil, wenn man oft im Fernsehen zu sehen ist. Aber man muss eben einen gesunden Grat finden, damit es nicht heißt: „Ach Luxuslärm ist die typische Soap-Band, die jede Woche irgendwo einen neuen Song darbieten“. Es ist aber auch eine gute Möglichkeit, um an Bekanntheit zu gewinnen.

  • Das Jahr neigt sich langsam dem Ende. Gibt es - neben Schalke - noch ein Highlight, das in Erinnerung bleiben wird?

Jini: Das ganze Jahr. 2010 war definitiv ein Luxuslärm-Jahr. Das letzte war schon gigantisch, aber dieses Jahr hat uns einen Riesenschub nach vorne gebracht. Mit alldem, was ihr auch schon angesprochen habt – die Tourneen, die Fernsehauftritte, allgemein die Präsenz. Wir freuen uns einfach tierisch über diese Reaktion vom Publikum. Dass so viele Leute das so annehmen und mit uns abfeiern. Das ist das schönste und das wird lange im Gedächtnis bleiben.

Henne: Und das wird noch gekrönt mit fünf schönen Auftritten im Dezember. Dreimal werden wir zusammen mit einem Orchester auftreten. Dafür sind bis jetzt fast 5.500 Tickets weg und das ist schon der Hammer. Außerdem noch zwei Weihnachtskonzerte in Lüdenscheid und Bendorf. Und dann werden wir das Jahr schön mit einer Tasse Glühwein besiegeln.

  • Du, Jan, hattest am Anfang schon die 1Live-Krone erwähnt. Mit welchen Erwartungen geht ihr dort hin? (Anm. der Red.: Dieses Interview wurde vor der 1Live-Krone geführt.)

Jan: Wir gehen dahin und gewinnen.

  • Gute Einstellung.

Henne: Wir gehen da schon mit Spannung hin, denn wir wissen die Konkurrenz ist groß. Wir werden da aber mehr feiern als zu bibbern, ob wir gewinnen. Letztes Jahr war das anders. Wenn wir da nicht gewonnen hätten, dann hätten wir uns schon geärgert. Denn „Bester Newcomer“ war wichtig für uns und wir haben uns auch sehr gefreut, dass wir das Ding mit nach Hause nehmen konnten. Und jetzt „Beste Band“… die Konkurrenz ist schon ziemlich stark.

Jini: Aber wir haben fleißige Fans.

Henne: Das stimmt und wir haben auch eine gewisse Chance. Es wird auf jeden Fall eine schöne Party.

Jan: Das wäre auch eine super Reihenfolge: 2009 „Bester Newcomer“ und 2010 direkt „Beste Band“.

Jini: Und 2011 „Bester Live-Act“.

Dave: Genau und danach „Lebenswerk“ oder so.

Alle lachen.

(Dieses Mal ist es nur die Bronze-Medaille geworden, aber wie heißt es so schön: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.)