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Hörbuchrezension


Autor Marie-Sabine Roger
Titel Ein Himmel voller Sterne
Originaltitel Dans les prairies étoilée
Reihe ---
Gelesen von Moritz Pliquet
Dauer ca. 303 Minuten (gekürzt)
Anzahl CDs 4
Februar 2017
ISBN 978-3455000726
Genre Erzählung, Contemporary

Inhalt

Merlin ist Autor einer erfolgreichen Comic-Reihe. Mit seiner Frau Prune und dem Kater Pantoffel bezieht er ein Traumhaus auf dem Land. Zwar gibt es nach elf Uhr vormittags kein warmes Wasser, und der Klempner Herr Tjalsodann lässt sich nicht blicken, aber davon abgesehen ist ihr Glück perfekt. Bis eines Tages Merlins bester Freund Laurent stirbt, Vorbild für seinen Comic-Helden Wild Oregon. Laurents letzter Wunsch: Wild Oregon soll im nächsten Band endlich die Liebe seines Lebens finden und es bitte nicht – wie er selbst – verbocken. Doch Merlin will die Arbeit einfach nicht gelingen: Laurents hinterlistige Katze Zirrhose sorgt für Unruhe im Haus, vor allem aber will Merlin ohne Laurent einfach nichts einfallen. Ihm fehlt jegliche Inspiration – bis Laurents Onkel Albert mit 94 Jahren seinen zweiten Frühling erlebt und sich verliebt. Langsam geht Merlin auf, dass er sich ganz falsche Vorstellungen von der wahren Liebe gemacht hat ...

Quelle: Hoffmann und Campe


Einschätzung
von Kathi Rubel

In gewohnter Roger-Manier erwartet uns Leser bzw. Hörer wieder eine zutiefst rührende Geschichte, vorgetragen mit Charme, Leichtigkeit und Phantasie, verspielt und doch ernst. Es ist eine Geschichte über Liebe, Freundschaft, Trauer, Trost und Glück, die Mut macht und nach jedem dunklen Tal einen Lichtblick verspricht.

Merlin ist fast 60 Jahre alt und glaubt, endlich angekommen zu sein. Mit seinem Künstlerleben als wissenschaftlicher Illustrator sowie Autor und Zeichner einer Comic-Reihe, die sich mittlerweile sehr gut verkauft, kann er problemlos für sich sorgen. Auch in der Liebe hat er es gut getroffen. Mit seiner Partnerin Prune hat er gerade den Traum eines eigenen Hauses im Grünen verwirklicht. Alles ist in bester Ordnung, Merlin ist glücklich und zufrieden. Doch dann erschüttert ein Schicksalsschlag seine Grundfesten. Wird er den Tod seines besten Freundes überwinden? Und wie soll er unter diesen Umständen den neuen Comic-Band zustande bringen?

Die Thematik betrifft jeden von uns. Es geht um Verlust und deren Bewältigung. Wie lässt sich das Andenken an einen geliebten Menschen ehren und wo das eigene Glück, die Leichtigkeit wiederfinden? Für Merlin ist es sogar doppelt hart. Der Tod von Laurent stürzt ihn in eine Schaffenskrise, denn die Hauptfigur seiner Comics ist seinem Freund wie aus dem Gesicht geschnitten. Laurent hat ihn zu Wild Oregon inspiriert und ist nun nicht mehr da. Doch Merlin muss weitermachen, Laurent verlangt es in seinem Testament. Die Trauerarbeit - im wahrsten Sinn des Wortes - beginnt.

Keine Sorge, Marie-Sabine Roger wäre nicht Marie-Sabine Roger, wenn der Roman in Schwermut abdriften würde. Sie thematisiert zwar unumwunden die Trauer, die Leere und auch die dadurch entstandene Krise, lässt ihren Ich-Erzähler jedoch am Ende seinen Frieden machen und die fröhlichen Erinnerungen bewahren. Diese Geschichte wirkt wie ein Pflaster, das die Wunden des Verlustes bedeckt und heilen lässt. Die Stimmung ist nicht wirklich heiter, der Schmerz deutlich zu spüren. Dennoch ist die Trauer nie erdrückend oder niederschmetternd. Das ist das besondere Talent der Autorin: ernste Themen und wahre Gefühle federleicht abzubilden.

Beim Hören der Geschichte schimmern immer wieder Tränen in meinen Augen, doch den Mund ziert ein feines Lächeln. Roger beschönigt nichts. Es darf getrauert werden, das Leid ist allgegenwärtig und doch lässt sie ihre Figuren nicht im Bodenlosen versinken. Am Ende interessiert mich der Schluss des Comics ebenso sehr wie Merlins Seelenheil. Die Handlungsstränge der beiden Geschichten laufen nicht nebeneinander her, sondern sind stark verwoben und können nur zusammen existieren. Die perfekte Symbiose.

Unendlich feinfühlig übergibt Roger ihrem Erzähler Merlin das Wort. Wir, als ihr Publikum, können nur staunend zuhören, wenn der Künstler sein Innerstes nach außen kehrt. Die Liebe zu seiner Partnerin und seinen Freunden ist ebenso spürbar wie jene zu den Charakteren in seinem Kopf. Es ist herzerwärmend, wie seine Phantasie überschäumt, sich für ihn Realität mit Fiktion vermischt und er auf diese Weise seine Emotionen verarbeiten kann. Wie charmant, wenn er im Geiste die Szenen seines Lebens umschreibt und in ein Comic-Panel packt oder mit seinem Freund redet, um über dessen Tod hinweg zu kommen. Mich hat dieses Werk von Marie-Sabine Roger wieder sehr berührt - auch in der gekürzten Hörversion.

Ich kann die Lesung von Moritz Pliquet nur loben. In seiner Betonung zeigt sich das Gespür für die besondere Stimmung dieser Geschichte. Er hat es vollbracht, dass alle Charaktere - auch jene, die Merlins Comics entsprungen sind - vor meinem geistigen Auge Gestalt annahmen. Auch das alte Bauernhaus konnte ich sehen, das Papier spüren, die Farbe riechen und sogar den Single Malt schmecken. Moritz Pliquets Lesung ist die Krönung dieser wunderbaren, gefühlvollen Geschichte.

Fazit:
Mit ihrem neuen Roman "Ein Himmel voller Sterne" berührt Marie-Sabine Roger die sensible Thematik der Vergänglichkeit. Sie zeigt auf unnachahmliche Weise, dass wir es selbst in der Hand haben, wie wir die Verstorbenen im Gedächtnis behalten. Gefühlvoll, trostspendend, hoffnungsfroh und leicht verträumt - einnehmend gelesen von Moritz Pliquet. Absolut empfehlenswert!


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