Unter'm Strich / Betrachtungen eines Musikers
Der Musiker zwischen Kunst und Kommerz
Text: Robert Wagner
Der Künstler
drückt sich in seinen Werken aus. Er verwirklicht sein Selbst
in Farbe, Ton und Wort. Dabei befindet er sich auf einer
ständigen Reise ins Ungewisse. Immer getrieben von den
tausendfachen Einflüssen des Lebens, den eigenen Vorstellungen
und Zielen ... Der Ausdruck des Selbst bedeutet aber nicht
Selbstverwirklichung und ein Mit sich ins Reine kommen, sondern
vielmehr ein Umsetzen innerer Bilder und Ideen, Gefühle und
Notwendigkeiten.
Im Roman "Narziß und Goldmund" schreibt Hermann Hesse: |
"Das Urbild eines guten Kunstwerks ist nicht eine wirkliche, lebende Gestalt, obwohl sie der Anlaß dazu sein kann. Das Urbild ist nicht Fleisch und Blut, es ist geistig. Es ist ein Bild, das in der Seele des Künstlers seine Heimat hat." |
Unabhängig vom
eigentlichen Motiv oder der Melodie eines Kunstwerks, kommt die Wirkung
auf den Betrachter oder Zuhörer von eben jenen in das
Kunstwerk übertragenen Gewissheiten und Gefühlen des
Künstlers. Diese inneren Bilder verlangen nach Ausdruck,
sobald sie eine gewisse Reife bekommen haben. Sie müssen also
durchdacht, gelebt und erfühlt werden, bevor sie zur Skulptur
oder zum Musikstück werden.
Diese Überlegungen überschneiden sich leider nur zum Teil mit der Realität. Tatsächlich sieht die z. B. so aus:
An der Musikschule soll den Schülern, die zwischen 6 und 76 Jahre alt sind, der individuelle Weg zum Instrument und dem eigenen Ausdruck ermöglicht werden. Am Abend folgt Pausenmusik zwischen den Reden einer Tagung und am sehr späten Abend findet dann noch eine Probe statt mit Arbeit an eigenen Songs. Vielen Musikern kommt ein solcher Tag sicher bekannt vor und dieses Beispiel weist auf die Gradwanderung hin, die die meisten täglich erleben:
Das Umsetzen der eigenen Künstlerpersönlichkeit und die Notwendigkeit der eigenen Lebensfinanzierung. Beide Ansprüche sind verständlich. Ab einem gewissen Niveau auf dem eigenen Instrument ist einem jeden daran gelegen, sich künstlerisch zu präsentieren und eigenen Ausdruck in die Stücke zu legen. Das beginnt beim eigenen Arrangement und geht über eigene Stücke weiter bis zur immer intensiveren Ausbildung eines eigenen Vokabulars an Ausdrucksmöglichkeiten.
Die Finanzierung des eigenen Lebens muss nicht erst erklärt oder begründet werden. Diese Notwendigkeit führt aber in Verbindung mit dem zuvor Erklärten in ein Spannungsfeld. Gibt jemand Geld für Musiker aus, hat er fast immer auch eigene Vorstellungen und Wünsche an die Musik. Dabei ist es egal, ob es sich um eine Studentenbar handelt oder die Vernissage einer Ausstellung. Nun kann der Musiker in der Regel die Wünsche des Kunden bedienen und entsprechend liefern. Die Dramatik der Situation aber lässt sich schon in dem Begriff des "Kunden" erkennen. Um das Engagement zu bekommen muss der Musiker eventuell eigene ästhetische Vorstellungen zurückstellen und versuchen, die Vorstellungen des Auftraggebers entsprechend umzusetzen. Dies ist nötig, denn vielleicht ist der Auftritt entscheidend, um die Miete zahlen zu können. Andererseits bleibt dem Musikanten so die wirklich künstlerisch anspruchsvolle Präsentationsmöglichkeit versagt, die das nach Ausdruck strebende, ästhetische Selbst befriedigen würde. Gut, im Zweifel wird sich der Musikus aus der reinen Notwendigkeit heraus, die Miete zahlen zu müssen, für den Auftritt entscheiden. Aber auf Dauer kann es geschehen, dass er immer weniger Möglichkeiten findet, den eigenen Ausdruck und innere Notwendigkeiten umsetzen zu können.
Was also kann man tun?
Einerseits ist es natürlich möglich, sich auf sogenannten Open Stages zu präsentieren, die in der Regel keine besonderen Anforderungen ihrerseits stellen, manchmal jedoch thematisch ausgerichtet sind. Außerdem ist es natürlich realisierbar, eigene Konzerte zu organisieren. Es gibt viele Lokalitäten, die es jungen Künstlern und Musikern ermöglichen, eigene Vorstellungen kostenlos oder gegen eine geringe Miete durchzuführen. Das Problem bleibt zum Teil aber bestehen, denn oft bekommt der Musiker für solche Auftritte nur wenig oder keine Gage.
Das viel zitierte wilde Künstlerleben hängt vielleicht gerade mit diesem Spannungsfeld zusammen, in dem sich nicht nur Musiker bewegen. Vertretern aller Künste geht es im Grunde ähnlich und immer tun sich Unterschiede auf zwischen Engagements, auf die sich der Künstler des Verdienstes wegen freut und solchen, bei denen er sich selbst künstlerisch präsentieren kann und die ihn so mit Glück erfüllen. Doch bleibt immer die Diskrepanz zwischen einfacher Wiedergabe von Werken anderer und der Erschaffung neuer, eigener Werke. Diese Kräfte zerren am Kunstschaffenden, kosten Kraft und Einsatz und doch gelten unter Künstlern schlecht bezahlte häufig Auftritte als hinnehmbar, denn die eigene Arbeit, so knapp sie sein mag, hat unvorstellbar erfüllenden Charakter.
Diese Überlegungen überschneiden sich leider nur zum Teil mit der Realität. Tatsächlich sieht die z. B. so aus:
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An der Musikschule soll den Schülern, die zwischen 6 und 76 Jahre alt sind, der individuelle Weg zum Instrument und dem eigenen Ausdruck ermöglicht werden. Am Abend folgt Pausenmusik zwischen den Reden einer Tagung und am sehr späten Abend findet dann noch eine Probe statt mit Arbeit an eigenen Songs. Vielen Musikern kommt ein solcher Tag sicher bekannt vor und dieses Beispiel weist auf die Gradwanderung hin, die die meisten täglich erleben:
Das Umsetzen der eigenen Künstlerpersönlichkeit und die Notwendigkeit der eigenen Lebensfinanzierung. Beide Ansprüche sind verständlich. Ab einem gewissen Niveau auf dem eigenen Instrument ist einem jeden daran gelegen, sich künstlerisch zu präsentieren und eigenen Ausdruck in die Stücke zu legen. Das beginnt beim eigenen Arrangement und geht über eigene Stücke weiter bis zur immer intensiveren Ausbildung eines eigenen Vokabulars an Ausdrucksmöglichkeiten.
Die Finanzierung des eigenen Lebens muss nicht erst erklärt oder begründet werden. Diese Notwendigkeit führt aber in Verbindung mit dem zuvor Erklärten in ein Spannungsfeld. Gibt jemand Geld für Musiker aus, hat er fast immer auch eigene Vorstellungen und Wünsche an die Musik. Dabei ist es egal, ob es sich um eine Studentenbar handelt oder die Vernissage einer Ausstellung. Nun kann der Musiker in der Regel die Wünsche des Kunden bedienen und entsprechend liefern. Die Dramatik der Situation aber lässt sich schon in dem Begriff des "Kunden" erkennen. Um das Engagement zu bekommen muss der Musiker eventuell eigene ästhetische Vorstellungen zurückstellen und versuchen, die Vorstellungen des Auftraggebers entsprechend umzusetzen. Dies ist nötig, denn vielleicht ist der Auftritt entscheidend, um die Miete zahlen zu können. Andererseits bleibt dem Musikanten so die wirklich künstlerisch anspruchsvolle Präsentationsmöglichkeit versagt, die das nach Ausdruck strebende, ästhetische Selbst befriedigen würde. Gut, im Zweifel wird sich der Musikus aus der reinen Notwendigkeit heraus, die Miete zahlen zu müssen, für den Auftritt entscheiden. Aber auf Dauer kann es geschehen, dass er immer weniger Möglichkeiten findet, den eigenen Ausdruck und innere Notwendigkeiten umsetzen zu können.
Was also kann man tun?
Einerseits ist es natürlich möglich, sich auf sogenannten Open Stages zu präsentieren, die in der Regel keine besonderen Anforderungen ihrerseits stellen, manchmal jedoch thematisch ausgerichtet sind. Außerdem ist es natürlich realisierbar, eigene Konzerte zu organisieren. Es gibt viele Lokalitäten, die es jungen Künstlern und Musikern ermöglichen, eigene Vorstellungen kostenlos oder gegen eine geringe Miete durchzuführen. Das Problem bleibt zum Teil aber bestehen, denn oft bekommt der Musiker für solche Auftritte nur wenig oder keine Gage.
Das viel zitierte wilde Künstlerleben hängt vielleicht gerade mit diesem Spannungsfeld zusammen, in dem sich nicht nur Musiker bewegen. Vertretern aller Künste geht es im Grunde ähnlich und immer tun sich Unterschiede auf zwischen Engagements, auf die sich der Künstler des Verdienstes wegen freut und solchen, bei denen er sich selbst künstlerisch präsentieren kann und die ihn so mit Glück erfüllen. Doch bleibt immer die Diskrepanz zwischen einfacher Wiedergabe von Werken anderer und der Erschaffung neuer, eigener Werke. Diese Kräfte zerren am Kunstschaffenden, kosten Kraft und Einsatz und doch gelten unter Künstlern schlecht bezahlte häufig Auftritte als hinnehmbar, denn die eigene Arbeit, so knapp sie sein mag, hat unvorstellbar erfüllenden Charakter.