Thomas Thiemeyer / Interview Sept '11
Über den Roman "Das verbotene Eden. David und Juna"
Das Interview führte Kathi Rubel
- Wie kamen Sie auf die Idee, unsere Welt in Ihrem Roman in zwei Lager zu spalten - das der Männer und das der Frauen?
Aus dem einfachen Grund,
weil es ein
solches Szenario so noch nicht gab. Ich wundere mich jeden Tag aufs
Neue, warum noch niemand vor mir auf diese Idee gekommen ist, bin aber
natürlich sehr froh, dass es so ist.
- Welche Gefahren sehen Sie persönlich in den Forschungen der Pharmaindustrie?
Ich erinnere mich noch
gut, dass ich
zu Zeiten der Schweinegrippe einen Bericht auf arte gesehen habe, in
dem gezeigt wurde, wie die Pharmakonzerne aus der Angst der Menschen
Profit schlagen. Den Schweinegrippevirus kennt man ja schon lange.
Bereits in den 70ern hatte es eine H1N1-Epidemie unter US-Soldaten
gegeben, und schon damals wurde mit Impfstoffen herumexperimentiert.
Mit schwerwiegenden Nebenwirkungen. Die Behörden kamen damals
zu
der Auffassung, dass die Nebenwirkungen des Impfstoffs schwerwiegender
waren als sein Nutzen. 1976 wurde der Impfstoff dann
zurückgezogen, nur, um in beinahe unveränderter Form
2009
wieder auf den Markt gebracht zu werden. Die Schweinegrippe ist zwar
hoch infektiös, in ihrer Auswirkung aber nicht schwer und
bedrohlich. Gesunde Menschen stehen das mit Hausmitteln durch.
Für
die Pharmabranche aber geht es ums Geschäft. Was mich an
diesem
Bericht am meisten erschreckte, war der Eindruck, dass die
Pharmakonzerne darauf warteten - ja, es geradezu herbeisehnten - dass
der Schweinegrippeerreger doch endlich in eine gefährlichere
Variante mutieren möge. Leider tat der Erreger ihnen diesen
Gefallen nicht, weshalb die Länder und Kommunen, die den
Impfstoff
in Unmengen eingekauft hatten, auf ihren Beständen sitzen
blieben.
Damals kam mir der Gedanke, dass es doch eigentlich nur noch ein
kleiner Schritt ist, bis ein skrupelloser Manager auf die Idee kommt,
ein eigens entwickeltes, mutiertes Virus in die Welt zu pusten, um den
Verkauf seines Grippemittels zu forcieren.
- Ziehen Sie eine solche Entwicklung wie im Buch tatsächlich in Betracht?
Nein, eigentlich nicht.
Zumindest
hoffe ich, dass so etwas nie passieren möge. Aber die
wirklichen
Katastrophen sind immer die, mit denen niemand rechnet.
- In Ihrem Roman sind den Geschlechtern klare Richtungen der Lebensführung zuzuordnen. Die Männer halten sich an die übermenschliche Kraft der Technik, die Frauen kehren zurück zum Urtümlichen der Natur. Entspricht das Ihrem Bild von Männlichkeit und Weiblichkeit?
Ohne in Klischees
verfallen zu
wollen: ja. Männer und Frauen ticken anders, das wird niemand
bestreiten. Das ist nicht allein auf Erziehung oder soziale
Prägung zurückzuführen. Ich glaube, es
steckt in unserem
Erbgut. Während Männer genetisch darauf programmiert
sind,
Probleme mit sich selbst und unter Zuhilfenahme ihres Tüftel-
und
Spieltriebes auszumachen, versuchen Frauen die Dinge auf sozialer Ebene
und in einer Gemeinschaft zu lösen. Aber die Unterschiede sind
ja
noch viel weitreichender. Wen es interessiert, dem empfehle ich das
Buch: "Warum Männer nicht zuhören
und Frauen schlecht einparken".
- Wie passt der Glaube der Männer ins Bild? Ist das Handeln des Inquisitors und seiner Streitmacht Kritik an den Kirchenoberen der heutigen Zeit?
Grundsätzlich
bin ich der Meinung,
dass sich Menschen in Krisenzeiten verstärkt in Glauben und
Religion
flüchten. Daran ist nichts Falsches, es ist ein tiefliegendes
Bedürfnis. Schwierig wird es dann, wenn einzelne Menschen
dieses
Bedürfnis für eigene Machtspiele missbrauchen. Die
katholische Kirche
ist aufgrund ihres streng hierarchischen Aufbaus für ein
solches
Szenario natürlich besonders anfällig.
- Der Roman ist spannend bis zur letzten Seite und hält ein recht offenes Ende bereit. Warum dieses Ende?
Ich wollte einerseits ein Ende, das
den Leser befriedigt aus der Geschichte entlässt, gleichzeitig
aber
auch darauf hinweisen, dass die Welt weitaus größer
ist und noch mehr
Überraschungen bereit hält. Von daher habe ich diesen
Weg gewählt.
- Warum wählten Sie ausgerechnet "Romeo und Julia" als "Schlüsselgegenstand" der Geschichte?
Ich mag Shakespeare. Ich
habe fast
alles von ihm gelesen und bin jedes Mal erstaunt über die
Vielfalt
an Themen. "Romeo und Julia" ist jetzt nicht unbedingt mein
Lieblingsstück, aber es gibt kaum ein Werk, was die
bedingungslose
Lieber besser verdeutlicht, vor allem die Liebe über den Tod
hinaus. Genau das wollte ich in meinem Roman verdeutlichen. Liebe, wenn
die ganze Welt gegen einen steht. Und genau das wird in Romeo und Julia
dargestellt. Von daher musste das Stück unbedingt mit rein.
- Juna und David stehen für die Hoffnung, dass Liebe immer einen Weg findet - für Sie ein wichtiges Statement in Zeiten der steigenden Scheidungsrate?
Ich halte Liebe
für das
Wichtigste und Schönste in unserem Leben. Für mich
ist sie
der Motor, der alles antreibt. Das betrifft nicht nur die Liebe zu
meiner Frau, sondern zu meinen Kindern, meiner Arbeit, meinen Freunden
- einfach allem. Aber der Begriff Scheidung bezieht sich ja auf die
Institution Ehe und da möchte ich mich nicht
äußern.
Immerhin habe ich mit meiner Frau 19 Jahre wild zusammengelebt, ehe wir
uns entschlossen haben zu heiraten.
Einen
herzlichen Dank an Thomas Thiemeyer, der sich Zeit genommen hat, meine
Fragen zu beantworten - und das absolut unkompliziert und sehr
sympathisch!